Rayo Vallecano: Dem St. Pauli Spaniens droht die Versenkung

Rayo Vallecano droht, in Spanien durchgereiht zu werden. © lochpass.at/David Mayr
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Vor einem halben Jahr spielte Rayo Vallecano noch in der Primera División. Nach dem Abstieg kämpft der Kultklub der Madrider Alternativ-Szene gegen den Fall in die Drittklassigkeit.

Rayo Vallecano hat alleine in der jüngeren Vergangenheit eine bewegte Geschichte hinter sich. Sportliche Ups und Downs erfährt die spanische ‚Fahrstuhlmannschaft‘ praktisch jährlich, dazu eine hohe Fluktuation im Kader und auf der Trainerbank, ein Konkurs, die sensationelle Qualifikation für die Europa League, ohne diese dann spielen zu dürfen und vor allem soziales Engagement – für all das stand Rayo in den vergangenen zehn Jahren.

Dabei hat der Verein seine Verbundenheit mit den ‚einfachen Leuten‘ auch in Zeiten des Erfolgs nie vergessen. Über die spanischen Landesgrenzen hinaus bekannt wurde im Herbst 2014 der Fall der 85-jährigen Carmen Martínez, die nach 50 Jahren in ihrer Wohnung in Vallecas wegen Zahlungsrückständen von der Bank delogiert wurde.

Wie Rayo Vallecano einer delogierten Pensionistin half

Exakt vor zwei Jahren, am 21. November 2014, dem Tag der Delogierung, begann der damalige Rayo-Coach Paco Jémez das Training mit einer Ansprache an die Mannschaft, in der er dem Team vorschlug, der Pensionistin zu helfen. Klub und Fans sammelten Spenden, Jémez selbst übernahm Doña Carmens neuen Mietvertrag, die Spieler kamen für ihren Unterhalt auf.

Diese Bodenständigkeit, das Prinzip, Fußball als ehrliche Arbeit für die Leute zu verstehen und die etwas verrückte, alternativ angehauchte und antifaschistische Anhängerszene haben Rayo Vallecano zum Kultverein werden lassen und ihm viele Sympathisanten aus anderen Fanlagern gebracht. Rayo ist so etwas wie das St. Pauli des spanischen Fußballs.

Im Abstiegskampf der Segunda División

Leider ebenfalls vergleichbar ist die sportliche Situation der Brüder im Geiste. Beide Klubs spielen in der zweiten Liga, und das momentan alles andere als erfolgreich. Während St. Pauli in Deutschlands 2. Bundesliga schon etwas abgeschlagen an letzter Stelle liegt, scheint Rayo auf dem Weg dorthin zu sein. Seit vier Runden warten die Madrilenen auf einen Sieg, unter Neo-Trainer Rubén Baraja gab es am Wochenende, nach zuletzt drei Niederlagen, bei dessen Premiere immerhin einen Punktgewinn zu feiern. Beide Tore beim 2:2 im Heimspiel gegen Huesca erzielte der deutsche Ex-Herthaner Patrick Ebert.

„Am Ende des Tages geht es im Fußball um Effektivität und daran müssen wir zweifellos arbeiten.“ – Rubén Baraja

„Wir waren leider nicht in der Lage, das Spiel so zu lesen, um das Ergebnis über die Zeit bringen zu können“, beklagte Baraja in der anschließenden Pressekonferenz, dass seine Schützlinge die zwischenzeitliche Führung nicht in drei Punkte ummünzen konnten. „Am Ende des Tages geht es im Fußball um Effektivität und daran müssen wir zweifellos arbeiten.“

Die Saison in Spaniens Segunda División mit 22 Teams ist lange und das Pendel kann noch in beide Richtungen ausschlagen, die Tendenz in Vallecas ist jedoch alarmierend. Als 18. liegt man mit 16 Zählern auf dem Konto punktegleich mit den Abstiegsrängen, der Vorsprung auf Schlusslicht Gimàstic de Tarragona beträgt nur drei Zähler.

Von der verwehrten Europa League in die Zweitklassigkeit

Dabei ist Rayo relativ unerwartet in diese prekäre Lage geraten. Die letzten fünf Jahre spielte die Mannschaft aus dem Südosten Madrids im Konzert der Großen der Primera División mit. Die Saison 2012/13 schloss man als Achter mit dem besten Ergebnis der Vereinsgeschichte ab, womit man sich – aufgrund der Verstöße gegen das Financial Fair Play des Sechsten Málaga  – sogar erstmals für den Europacup qualifiziert hätte. Die Lizenz zur Teilnahme an der Europa League wurde allerdings auch Rayo verwehrt, da sich der Verein in einem offenen Konkursverfahren befand. Die Startberechtigung erhielt schließlich der FC Sevilla, der den Bewerb dann auch gewinnen sollte.

Im Mai vergangenen Jahres folgte für Rayo nach einer aufreibenden Saison der Schock: Als Tabellen-18. und jene Mannschaft mit den zweitmeisten Gegentoren (73) musste der Kultklub plötzlich wieder den Gang in die Segunda antreten. Dort liegt es nun an Neo-Coach Baraja und den Spielern, den Geistern der Vergangenheit nicht wieder die Tür zu öffnen. Denn das Schreckgespenst Segunda B – also die dritte Liga Spaniens – dachte man vor acht Jahren endgültig aus Vallecas vertrieben zu haben.

Den Kopf in den Sand stecken wird dort jedenfalls niemand. „Wir haben genug Potential, um die Situation zu ändern und eine Serie hinzulegen“, ist sich Rechtsverteidiger Quini Marín sicher. „Im Moment fehlt etwas das Glück, denn wir haben uns auch gegen Huesca viele Chancen erarbeitet. Jetzt gilt es, zu regenerieren und sich auf Levante vorzubereiten.“ Beim überlegenen Tabellenführer erwartet Rayo am kommenden Sonntag (20:00 Uhr) eine Herkulesaufgabe.

2 Kommentare zu "Rayo Vallecano: Dem St. Pauli Spaniens droht die Versenkung"

  1. nett, sehr nett. Kollege Quini ist allerdings immernoch Außenverteidiger 😉

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